75 % der Frauen und 68 % der Männer nehmen weniger als die empfohlene
Mindestaufnahmemenge von 30 g Ballaststoffen pro Tag zu sich. Und das ist
noch nicht einmal sehr hoch angesetzt, 40 g pro Tag wären weitaus gesünder.
Ballaststoffe sind Kohlenhydrate mit einer besonderen chemischen Struktur. Nur kann unser Körper mit den körpereigenen Enzymen und Verdauungssäften diese weder verwerten noch Energie oder wichtige Mikronährstoffe aus ihnen gewinnen. Das gelingt ihm nur dank der Billionen Keime seines Mikrobioms. Doch es gibt Unterschiede: Die wasserunlöslichen Ballaststoffe, also jene, die eher wenig Wasser binden, sind harte Arbeit für unser Mikrobiom. Es gelingt unseren Bakterien kaum, diese zu verwerten oder zu verstoffwechseln. Diese Ballaststoffe erhöhen jedoch unser Stuhlvolumen, was wiederum unsere Darmbewegungen anregt und ihnen damit durchaus zur Berechtigung verhilft. Sie sind in vielen Getreidearten wie u.a. Weizen, Roggen und Dinkel enthalten.
Die wasserlöslichen Ballaststoffe binden große Mengen an Wasser und fungieren wie ein Quellstoff. Das sorgt u.a. dafür, dass sich das Sättigungsgefühl schneller einstellt. Aber viel wichtiger - die im Dickdarm lebenden Bakterien betrachten sie als wahres Festmahl und bauen sie u.a. zu (Postbiotika) wie die kurzkettigen Fettsäuren ab. Während mittel- und langkettige Fettsäuren mit der Nahrung aufgenommen werden können, werden die kurzkettigen Fettsäuren meistens erst mittels unserer Darmbakterien gebildet.
Und diese sind die eigentlichen Heros – denn ihnen wird nachgesagt, unser Mikrobiom nachhaltig positiv zu beeinflussen und ein Ungleichgewicht unter unseren Darmbakterien ausgleichen zu können. Sie sind besonders elementar für die Bakterienstämme, die eine besondere Schutzfunktion bekleiden, indem sie Entzündungen im Körper verhindern. Forscher an der Ruhr-Universität Bochum und an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen haben bereits nachgewiesen, dass kurzkettige Fettsäuren die Produktion sogenannter regulatorischer T-Zellen anregen, die wiederum Entzündungen im Körper regulieren. Bevor es zu medizinisch wird – kurzkettige Fettsäuren haben einen nachweisbar wichtigen Einfluss auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden im Allgemeinen und auf Entzündungen und Autoimmunkrankheiten im Besonderen. Und unser Mikrobiom kann sie nur bilden, wenn wir ihm die passende Nahrung in Form u.a. wasserlöslicher Ballaststoffe zukommen lassen.
Wasserlösliche Ballaststoffe findet man vor allem in frischem Obst und Gemüse, Hülsenfrüchten, Hafer- und Gerstenprodukten, Leinsamen uvm. Neben der Produktion von kurzkettigen Fettsäuren unterstützen sie den Stoffwechsel und senken die Bluttfettwerte. Das wiederum wirkt vorbeugend gegen Erkrankungen wie Arteriosklerose oder Herzinfarkt. Und für alle mit zu vielen Firmicuten bzw. Vielfrass-Bakterien - die löslichen Ballaststoffe hemmen fettspaltende Enzyme und sorgen dafür, dass weniger Fett aus der Nahrung in den Stoffwechsel gelangt und entsprechend verarbeitet wird. Soviel zum schlechten Ruf von Kohlenhydraten! Es kommt einfach auf die Richtigen an!